Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Zwischen Naturschutz und Forstwirtschaft: Bei Deisterwanderung der Grünen wird kontrovers diskutiert

Rund 50 Gäste wanderten am vergangenen Samstag auf Einladung der Barsinghäuser Grünen mit fachkundiger Begleitung von vier Referent*innen und dem Direktkandidaten für die Landtagswahl Jan-Ralf Pfalzer durch den Deister oberhalb des S-Bahnhofs Egestorf. Den kräftigen Regenschauer, der nach wochenlanger Trockenheit während des Rundganges fiel, werteten die Teilnehmenden als gutes Zeichen.

Die Referent*innen der Wanderung
Die Referent*innen der Wanderung

Eine gute Nachricht hatte der Leiter des Forstamtes Saupark, Christian Boele-Keimer, zur Situation der Buchen im Deister. Der gute Boden und die im Vergleich hohen Niederschläge werden voraussichtlich auch in der Zukunft dafür sorgen, dass diese Hauptbaumart im Deister sehr vital und langfristig zu erhalten sei. Auf anderen Standorten, z.B. in Südniedersachsen, habe die Buche hingegen große Probleme.

Wesentlich schlechter geht es leider den Kastanien und Eschen. Zahlreiche Eschen sind vom Eschentriebsterben, einem Pilz, befallen, darunter auch ein stattlicher Baum, der sich in der Nähe einer Infotafel in der Wennigser Mark befindet und aus Sicherheitsgründen gefällt werden muss.

Die Naturfotografin und Buchautorin Farina Graßmann erklärte am Beispiel der Rosskastanie, welche Probleme es beim Import neuer Baumarten geben könnte. So wuchs die eigentlich standortfremde Rosskastanie lange Zeit problemlos, aber in den vergangenen Jahren ist auch die Miniermotte den Baumbeständen „hinterhergewandert“ und sorgt nun für braune Blätter schon im Sommer. Da Feinde der Miniermotte, z.B. bestimmte Schlupfwespen, nicht mitgewandert sind, breitet sich dieser Schädling ungehindert aus und sorgt insbesondere bei der weißblühenden Rosskastanie für Schäden.

Kontroverse Diskussionen gab es zur Rolle, die die Douglasie, eine nordamerikanische Nadelbaumart, im Deister in Zukunft spielen soll. Einigkeit bestand darin, dass die absterbenden Fichtenbestände nicht 1:1 durch die Douglasie ersetzt werden dürfen. Olaf von Drachenfels, stellvertretender Vorsitzender des NABU Barsinghausen, forderte, dass die Douglasie nur im Mischwald oder auf Kleinflächen gepflanzt werden solle, da Reinbestände der Douglasie die artenärmsten Standorte im Wald seien. Forstamtsleiter Christian Boele-Keimer erklärte, dass seitens der Landesforsten keine Reinbestände mit mehr als einem Hektar Fläche geplant seien.

Der Vorsitzende des grünen Ortsverbandes, Helmut Freitag, wies darauf hin, dass die Grundwasserneubildung unter Nadelwäldern deutlich geringer sei, als bei sommergrünen Mischwäldern. Dies habe auch Auswirkungen auf die Quellschüttung der Deisterbäche und die Kosten der Trinkwassergewinnung in Barsinghausen, da das Deisterwasser nicht teuer aufbereitet werden müsse. Bereits heute fällt der Bullerbach in vielen Jahren trocken, von dem Zeitzeugen berichten, dass es dort nach dem Krieg Forellen und vor einigen Jahrzehnten immerhin Stichlinge gab. Deshalb sei es bedauerlich, dass im Privatwald oberhalb von Barsinghausen auf großen Kahlschlagflächen überwiegend Douglasien gepflanzt würden.

Die forstwirtschaftliche Sprecherin der grünen Landtagsfraktion Miriam Staudte betonte, dass es angesichts der langen Zeiträume, in der Forstwirtschaft, darum gehe, die Risiken für die Zukunft zu streuen, also auf Vielfalt im Wald zu setzen.

Ein gutes Beispiel für ökologische Waldentwicklung, ist die vor über 30 Jahren beschlossene Regelung, dass in jedem Hektar Wald fünf so genannte Habitatbäume erhalten werden. Diese alten Bäume, oft mit Totholz, Baumhöhlen oder Horsten, haben große Bedeutung für den Artenschutz.

Alle Referent*innen gingen auch auf die überragende Rolle, die der Wald beim Thema Klimaschutz und Klimaanpassung spielt und den Konflikt mit der Holznutzung ein. In einem geschlossenen Laubwald könne es bis zu 10 Grad kühler sein, als auf offenen Flächen. Der Holzverbrauch in Deutschland hat sich seit 1990 verdoppelt und leider wird ein steigender Anteil des Holzes einfach verbrannt, was für das Klima und die Luftqualität die schlechteste Lösung sei. Besser sei es, die CO2-Speicherung im Wald durch mehr Totholz und späteren Einschlag zu erhöhen oder möglichst langlebige Produkte aus Holz zu produzieren. So kann durch mehr Holzbau im Gebäudebereich nicht nur viel Energie im Vergleich zum Betonbau gespart werden, sondern gleichzeitig auch CO2 über viele Jahrzehnte gespeichert werden.

Die Barsinghäuser GRÜNEN zeigten sich über den großen Zuspruch für die Veranstaltung erfreut und werden auch im nächsten Jahr die Themen Wald, Wasserhaushalt und Artenschutz bearbeiten. Die Diskussion zwischen Naturschutz, Forstwirtschaft und Landespolitik zeigt, dass alle Beteiligten sich für eine nachhaltige, ökologische Waldbewirtschaftung einsetzen. Auch für die privat bewirtschafteten Wälder soll die Landespolitik in Zukunft stärkere Anreize für die Schaffung wertvoller Laub- und Mischwälder geben, die den Herausforderungen durch den Klimawandel gewachsen sind.

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